Am 7. Oktober konnten wir ökumenisch ein wunderbares Erntedankfest und die Taufe zweier Kinder feiern, verbunden mit dem Gemeindefest in und vor der Kirche.
Nach dem Gottesdienst gab es Führungen durch das Gemeindehaus, dessen Renovierung ansteht. Viele nutzten die Gelegenheit, auch unsere Wohnräume anzusehen.
Nachmittags begeisterte eine Puppenspielerin mit dem norddeutschen Märchen von der „Regentrude“ Jung und Alt.
Zum Abschluss konnten wir ein feierliches Konzert für Orgel und Trompete genießen.
„Hier bin ich! Hier bin ich! Hineni!“, hallt es in vielfacher Wiederholung mehrstimmig durch den Hohen Chor der Erfurter Reglerkirche. Die Antwort auf Gottes Anruf braucht eine Klarheit, wie sie im deutschen „Hier bin ich!“ zum Ausdruck kommt. Sie braucht aber auch die offene Weite, die eher im hebräischen „hineni“ anklingt. Da sein, ganz präsent im Hier und Jetzt, offen für den Ruf Gottes. Mit einem Mal bin ich zurückversetzt an die Stationen meines Lebensweges, an denen ich in der Liturgie aufgerufen wurde: bei der Profess und bei den Weihen. „Hier bin ich!“, das war jeweils meine Antwort. Jetzt ist es wieder meine Antwort. HAGIOS - Gesungenes Gebet.
HAGIOS - griechisch für „heilig“- nennt Helge Burggrabe sein Mitsingprojekt. „Es gibt keine falschen Töne“, ermutigt er die Teilnehmer am nachmittäglichen Workshop und später auch alle, die sich zum Liederabend einfinden. Schon nach kurzer Zeit ist die Reglerkirche voll von Musik. Man mag kaum glauben, dass die Menschen, die hier miteinander singen, dies noch niemals vorher miteinander taten und auch bei weitem nicht alle geübte Sänger sind.
Der Komponist und Flötist Burggrabe hat in der Tradition von Klöstern und Gemeinschaften wie Taizé einen Liederzyklus entwickelt. Kurze Texte und Rufe werden mit eingängigen Melodien unterlegt und in steter Wiederholung meditiert. Die Überleitungen Burggrabes helfen dabei, in eine Haltung der Offenheit und des Gebets zu kommen. Das Heilige beginnt in uns zu schwingen, die Instrumente der eigenen Körper und das „architektonische Instrument“ der Reglerkirche stimulieren einander und lassen die Tiefe des Franz von Assisi zugeschriebenen Wortes erahnen: „Herr, mache mich zu einem Instrument deines Friedens“.
Ein Wort aus der koptischen Kirche hat Helge Burggrabe ebenfalls vertont: „Lass deinen Mund stille sein, dann spricht dein Herz. Lass dein Herz stille sein, dann spricht Gott.“ Im Laufe des Sonntags spüren die Teilnehmer den Gehalt dieses und anderer Rufe aus dem HAGIOS-Zyklus. Ihr gemeinsames Singen ist ein großes Gebet.
Der HAGIOS-Tag war auf Initiative der Augustiner und der ev. Reglergemeinde sowie des Katholischen Forums Thüringen zustande gekommen.
Helge Burggrabe realisierte bereits viele Kulturprojekte in großen Sakralräumen (Chartres, Kölner Dom, Dresdner Frauenkirche, Pantheon Rom, Hildesheim, Ostertage im Kloster Jerichow), unter anderem Oratorien für Solisten, Chöre und Orchester. Seine Fähigkeit, Menschen zum Singen zu bewegen, zeigt sich aber vor allem in seinem Projekt „HAGIOS – Gesungenes Gebet“.
Eine kleine Gruppe machte sich auf den Weg von Regler zur Pilgerkirche nach Schmira vor den Toren Erfurts. Unter ihnen auch eine „echte“ Pilgerin: Sophie, die schon in Görlitz gestartet war und an diesem Tag noch bis Gotha laufen wollte. Mit dem Pilgersegen im Gepäck ging der Weg zunächst durch die Innenstadt.
Verschiedene Impulse von Meister Eckhart begleiteten die Pilger, beginnend mit der Zusage: „Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist“ (RdU).
Eckharts Worte konnten die Fußpilger auf dem Weg bedenken oder sich mit anderen unterwegs darüber austauschen. An den Stationen Predigerkirche - der ehemaligen Klosterkirche Meister Eckharts - , Brunnen am Gothaer Platz und am Stadtrand konnte jeweils ein neues Wort gezogen werden.
Der Weg nach Schmira folgt dem Jakobsweg, dem großen europäischen Pilgerweg nach Santiago de Compostela. Immer wieder weisen die Pilgermuscheln oder Wegweiser darauf hin, z.B. „2940 km über Konstanz nach Santiago de Compostela“. Anwohner des Pilgerwegs haben die Schilder liebevoll gestaltet.
In Schmira angekommen erwarteten Frauen aus dem Pilgerkirchen-Team mit Gemeindepädagogin Friederike Hempel die Gruppe. Unter den Bäumen im Kirchhof hatten sie Tische und Bänke bereitet. Nach einer kurzen Andacht stärkten sich die Pilger mit einem Mitbring-Picknick im Schatten der Bäume. Eine Jakobspilgerin aus den Niederlanden, die an diesem Tag in der Kirche übernachtete, schloss sich gerne an und erzählte von ihren Wegerfahrungen.
Der Pilgertag endete mit der gesungenen Vesper zum Fest „Mariae Geburt“. Ein Teil der Pilger lief den Weg nach Erfurt auch zu Fuß wieder zurück.
„Ich strecke mich aus nach dem, was vor mir liegt“ Mit diesem Augustinus-Zitat aus den Confessiones (conf IX, 10) lud Dr. Gabriele Ziegler (Münsterschwarzach) zum Einkehrtag am Fest der hl. Monika, der Mutter des hl. Ordensvaters Augustinus.
Tatsächlich haben wir uns erst einmal ausgestreckt. Wirklich. Körperlich. Ich stehe aufrecht und strecke mich aus, mitten im Chor der Reglerkirche.
Ach ja, diese Kirche macht mich weit, zieht mich nach oben und birgt mich doch so, dass ich innerlich zur Ruhe komme. Der Raum tut mir gut...
Später schreiten wir noch einmal ganz von hinten das lange Kirchenschiff nach vorne: in voller Länge - an die 50 Meter, schreiten Stufe um Stufe empor zum Altar: ganz nahe an den prächtigen Regleraltar, dessen Goldgrund uns die Heiligen und den HERRN selbst wie im aufgeschlagenen Buch der Ewigkeit zeigen. Wir berühren den Altarstein und blicken nach oben – oder schließen die Augen. Die gekrönte Jungfrau Maria im Zentrum steht ebenfalls ganz aufrecht. Der HERR richtet auf...
„Meine Seele, warum bist du betrübt und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott. Denn ich werde ihm noch danken, meinem Gott und Retter, auf den ich schaue.“ Der Doppelpsalm 42/43 begleitet uns durch den Tag. Er nährt die Zuversicht und erinnert mich an den aufrechten Gang.
Eine kleine Buchmalerei zeigt die Seele als menschliche Gestalt. Niedergeschlagen sitzt sie auf einem Berg: Das Kinn auf die Hand gestützt, zieht sie eine richtige Flunsche.Vor ihr ein Jüngling mit grünen Beinlingen. Er spielt die Laute. Das Lied des Lebens erklingt. Wird sich die Seele anstecken lassen, auf die Füße springen, mitsingen und tanzen? Wird sie sehen, dass um sie herum längst die Blüten blühen und frisches Grün ausgetrieben ist? Der junge Lautenspieler, Christus, ist scheinbar ganz in die Musik vertieft. Doch sein Fuß zeigt auf ein Wort: spes – Hoffnung!
„Meine Seele, warum bist du betrübt und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott. Denn ich werde ihm noch danken, meinem Gott und Retter, auf den ich schaue.“
In der Mittagspause machen wir einen Abstecher zum Fischmarkt. Die fünf Sinne auf den Reliefs am Gildehaus laden ein, auch nach dem Herrn mit allen Sinnen zu suchen und nach seinen Spuren Ausschau zu halten. Nicht nur beim Einkehrtag.
Augustinus-Fest in Regler. Erstmals konnten wir das Fest des Ordensvaters und Kirchenlehrers sowie Kirchenpatrons der Reglerkirche (!) mit unseren evangelischen Schwestern und Brüdern gemeinsam feiern. Die Evangelische Reglergemeinde hatte auf ihren gewohnten Gottesdienst um 9.30 Uhr verzichtet. Viele feierten mit uns statt dessen die Messe um 13 Uhr in der vollbesetzten Reglerkirche.
Die musikalische Gestaltung übernahm das „Ökumenische Holzgebläse“ unter der Leitung von Ulrike Reimann, unterstützt von Ekkehart Fellner an der Orgel. Die Festpredigt hielt Pfarrer und Dechant Marcellus Klaus von der katholischen Innenstadtpfarrei St. Laurentius und brachte damit seine Verbundenheit mit uns Augustinern zum Ausdruck.
Anschließend gab es im Kirchgarten und Kreuzgang Gelegenheit, bei Kaffee und Kuchen oder Mürschter Klosterbier miteinander zu reden.
Um 16 Uhr gab Siegfried Fietz zusammen mit seinem Sohn Oliver ein grandioses Konzert, das vor allem von Liedern mit Augustinus-Worten geprägt war. Der Berliner Lyriker Marco Kunz hatte die Liedtexte verfasst und las sie nun auch selber während des Konzerts sowie im Anschluss daran im Rahmen einer kurzen Lesung. Außerdem war die Malerin Elke Albrecht anwesend, die zusammen mit Siegfried Fietz einen Bilderzyklus zu den Augustinus-Texten und -Liedern geschaffen hatte. Was wir hier erleben konnten, war Verkündigung pur! Das Glaubenszeugnis der Künstler, die Texte Augustins, die bis heute den Lebensnerv moderner Menschen berühren, die nach dem Wahren suchen – letztlich nach Gott –, eine Gemeinde, die einschwingt in die Kehrverse: eine ganz runde Sache eben!
Der Festtag endete mit der gesungenen Vesper im Hohen Chor der Reglerkirche.