"Zwölf Heilige Nächte" - Impuls von Pfarrerin Dorothea Höck; Musik von Sabine Lindner; Titelbild: Andrea Stahl.
"Zwölf Heilige Nächte" - Hier der Impuls von Uta Altmann zum Fest der "Unschuldigen Kinder":
"Zwölf Heilige Nächte" - Hier der Impuls zum Fest der Heiligen Familie:
"Zwölf Heilige Nächte" - Impuls von Pfarrer Martin Möslein:
12 Heilige Nächte: Weihnachten
→ Dialog zwischen Monika und Jeremias zu Johannes 1,1-18 (Johannes-Prolog)
Jer: Ein wunderschöner Text, Monika! Toller Hymnus! Aber verstehen kann manden irgendwie nicht so recht, oder?
Mo: Stimmt. Schön, aber auch ganz schön schwer.
Jer: Hast du's bemerkt? Dieser Johannes-Prolog geht genauso los wie die Bibel und damit der erste Schöpfungsbericht: „Im Anfang war...“ Als wollte der Evangelist Johannes nochmal ganz von vorne beginnen.
Mo: Genau. Am Anfang beginnt alles im Himmel, mit Gott und bei Gott. Aber fast genauso wichtig ist, dass es dann hinunter geht auf die Erde. Und da beginnt es mit Johannes dem Täufer.
Jer: Es gibt lauter ziemlich krasse Gegensätze: Himmel und Erde. Im Himmel: das Licht. Auf der Erde: die Finsternis. Es scheint wohl nichts dazwischen zu geben?
Mo: Ja, es gibt nur unvereinbare Gegensätze, also Licht – Finsternis, Wort – Fleisch; oder auch Gesetz – Gnade... Nur schwarz – weiß...
Jer: Das ist doch das Denken der "Gnosis" damals. Aber so denken heute ja auch viele, nur schwarz – weiß! Da kann man die Welt schön einfach, aber eben nur dualistisch erklären. Puh! Da schüttelt's mich! So funktioniert das doch nicht!
Mo: Siehst du nicht die Verbindung, die Johannes beschreibt? Die Brücke, die er benennt und mit der er den krassen Dualismus eben doch überbrückt? Diese Brücke ist der Vers 14: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit geschaut“ (Joh 1,14a).
Jer: Wo liegt da die Verbindung?
Mo: Na, aus der Sicht der Menschen können Licht und Dunkel, Himmel und Erde nie zusammenfinden. Und doch haben Himmel und Erde sich nun verbunden: Gott kommt auf die Erde! ER „wohnt“ sogar unter den Menschen – gleich in der Nachbarschaft! ER wird dir zum Nachbarn!
Jer: Jetzt erinnere ich mich, dass ich gehört habe, das griechische Original könnte man besser übersetzen mit: „ER hat unter uns gezeltet“. Dann kommt da sogar noch eine Dynamik rein. Denn dieser „Gott in der Nachbarschaft“ zieht mit, wenn wir Menschen, die ja irgendwie so Halbnomaden sind, mal wieder die Zelte abbrechen und weiterziehen. Dann wechselt auch Gott das Lager und zieht mit. Ach ja, und wenn Zelte beieinander stehen – also durch die Zeltbahnen kriegst du ganz schön viel mit, was nebenan los ist!
Mo: Dann geht es also darum: Gott will, dass die Menschen viel von IHM mitkriegen und in diesem Kennenlernen dann Beziehung entsteht. Also geht es beim Glauben vielleicht nicht in erster Linie darum, die ganze Theologie zu verstehen: wer Gott ist oder was genau die Bibel sagt? ...
Jer: Hey, natürlich ist Theologie total spannend! Es lohnt sich sicher, in der Bibel zu lesen – und zu meditieren! Aber beim meditieren geht es ja tatsächlich nicht um das kognitive Verstehen. Bibel und Stille und Meditation dienen dazu, unserer Beziehung zu Gott Raum zu geben, sie tiefer werden zu lassen. Gott kann niemand begreifen und verstehen. Aber ER ist es doch, der den Gegensatz überbrückt und uns Beziehung anbietet!
Mo: Es heißt sogar: „Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden“ (Joh 1,12). Das bedeutet doch, dass man da gar nicht so viel tun und machen muss. Ihn aufnehmen: wenn ich da noch mal an dieses Bild "Gott als Nachbar" denke oder an das "Zelten Gottes neben mir", dann nehme ich ihn auf, wenn ich die Tür öffne. Also mein Herz öffne, sage: Ja, ich möchte es versuchen mit dir, Gott. Im Grunde geht’s darum, Gottes Beziehungsangebot anzunehmen.
Jer: Kinder Gottes werden hat übrigens noch eine weitere Nuance. Hebräisch gehen die Volksbezeichnungen immer so, dass die Israeliten eben die „Söhne bzw. Kinder Israels“ genannt werden. „Kinder Gottes“ heißt also das „Volk Gottes“, zu dem jeder gehört, der Gottes Beziehungsangebot annimmt.
Aber noch schöner finde ich, wie Beziehung beschrieben wird: Jesus ruht am Herzen des Vaters. Johannes ruht beim letzten Abendmahl am Herzen Jesu. Was da in der Passion geschieht, kann man ja auch kaum begreifen. Aber in der Ruhe am Herzen des Freundes erschließt sich vieles wie von selbst. Sozusagen von Herz zu Herz.
Mo: Himmel und Erde verbinden sich in Jesus Christus. Durch seine Menschwerdung und letztlich auch durch das Kreuz. Das sind die zwei großen Brücken Gottes zu den Menschen.
Jer: Mir gefällt auch diese Formulierung: Alle empfangen „aus Seiner Fülle Gnade über Gnade“.
Mo: Ja, mir auch. Ich denke da immer an die römischen Brunnen: Von Schale zu Schale fließt das Wasser. Und ich stehe unten und empfange das kühle Wasser...
Da gibt es ja dieses schöne Gedicht von Conrad Ferdinand Meyer: Römischer Brunnen
Aufsteigt der Strahl und fallend gießt
Er voll der Marmorschale Rund,
Die, sich verschleiernd, überfließt
In einer zweiten Schale Grund;
Die zweite gibt, sie wird zu reich,
Der dritten wallend ihre Flut,
Und jede nimmt und gibt zugleich
Und strömt und ruht.