Kath. Pfingst-Gottesdienst in der Reglerkirche St. Augustinus Erfurt
Predigt: Christoph Kuchinke
Musik: Sandra Lindner mit Monika Rohs-Dressel und Br Jeremias Kiesl OSA
Zelebrant: Br. Jeremias Kiesl OSA | Lektoren: Werner Anisch, P. Pius Wegscheid
Fotos: Steffi Krause, Br. Jeremias, www.unsplash.com
Augustinerkonvent St. Martin von Tours 22. Mai 2021 | 19.00 Uhr
Gestern Abend – heute show: eine Werbung für das Pfingstfest 2021!
"Morgen ist Pfingsten, was war das noch gleich für ein Fest? Hatte irgendwas mit dem Heiligen Geist zu tun. Hoffnung liegt in der Luft – Deutschland impft sich in die Freiheit, der beste Sommer aller Zeiten, Karl Lauterbach, der DJ der guten Laune. – Ja, wir brauchen gute Nachrichten, gute Laune..."
Immerhin: ein Wort zum Pfingstfest! In den Tageszeitungen fand ich dazu nichts ins Auge Fallendes...
Es ist gut, dass wir Feste haben: „Ohne Feste wäre diese Welt, wäre unser Leben kaum auszuhalten.“ Ein Satz von Kurt Marti, dem Schweizer Theologen und Pfarrer. „Das ist der tiefer Sinn von Festen, Hoffnung zu festigen, zu stärken auf eine menschlichere Welt.“
Feste zeigen, wie es einmal sein soll: dass es einmal anders zugehen könnte in unserer Welt – dass wir auf eine menschlichere Welt hoffen. Wir brauchen solche Feste als Gegenentwurf zu einer Welt wie die, in der wir gerade leben, in der so viele bedroht werden, beschimpft werden, krasser geht es kaum.
Es ist erschreckend und beschämend; wenn Menschen nicht mehr reden, sondern brüllen, bellen wie Hunde, wenn sie lügen, ohne rot zu werden, wenn sie Verträge brechen, wenn es mir nur nützt, wenn einer den anderen in Angst und Schrecken versetzt.
Heute ist Pfingsten, sozusagen der Gegenentwurf dazu: Wir feiern, dass es anders sein kann.
Pfingsten beendet nach 50 Tagen die Osterzeit – gleichzeitig will es sagen: Es ist nicht zu Ende. Der Geist Gottes ist nicht weg aus der Welt. Der Geist Gottes ist nicht in den Himmel, nach oben entschwunden. Gottes Geist ist von diesem Jesus in die Menschen übergegangen.
Gerade haben wir es gehört: Die nach-österlichen Jüngerinnen und Jünger bekommen auf großer Bühne die Gabe des Heiligen Geistes, vor der versammelten Menge des Festes der Juden in Jerusalem (Schawout, Wochenfest). Es sollte einen Zusammenhang – eine Kontinuität – geben, in Gottes Plan mit seinem Volk, der Kirche aus Juden und Heiden. Und das von Jerusalem über Judäa und Samarien, bis an die Enden der Erde. Das braucht Kraft, Dynamik, Geistkraft.
Das Evangelium, die Frohe Botschaft lässt sich nicht mehr mundtot machen und wird – durch die Kraft dieser Geistkraft überall verkündet.
Es gibt auch die andere Seite, die Jünger, die sich hinter verschlossenen Türen versammeln, aus Angst. Aber daraus entsteht nicht viel oder eher nichts unter den Männern. Nur gut, dass sie die Botschaft der Auferstehung und den Auftrag Jesu von Maria Magdalena hatten, der Apostolin, einer Frau.
Er ist da, dieser Geist, als Lebensfreude, als Inspiration, als Lebendigkeit, damals in und bei den Aposteln, heute, in mir, in dir und in allem, was lebt.
Das ist wie Revolution, wie Anarchie: Es wird gefeiert, was von niemandem verwaltet wird, was keine Organisation der Erde organisieren kann – auch keine Kirche, keine Religion… Und was doch alle berührt: Atem des Lebens, innerster Funke, Gottes Geist.
Man hat ihm ungewöhnliche Symbole gegeben:
Als Feuerflamme: auf den Köpfen der Menschen. „Es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder.“ Ein Zeichen, wie Gedankenblitze, Geistesklarheit.
Als Wind: „Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren.“ Ein Zeichen von Bewegung, Veränderung, von Schwung.
Gott ist da, ganz wirklich und doch nicht zu greifen: wie das Licht unserer Augen, wie die Luft, die wir atmen.
Und, der Geist weht, wo er will.
In einem Vers von Kurt Marti über den Geist hat er gereimt:
„Der Heilige Geist ist keine Zimmerlinde,/ vielmehr vergleicht die Schrift ihn mit dem Winde.“
Eine Linde, die kennen wir meist als großen, schön ausladenden Baum, Mittelpunkt auf den Dorfplätzen, wo alle zusammen kamen, wo die Feste stattfanden, wo Recht gesprochen wurde. EineZimmerlinde, eine Topfpflanze, eine verkümmerte Linde, eine kümmerliche Existenz.
Ein Geist, der verkümmert ist, da pulsiert es nicht so wie in einem massiven Baumstamm, da rauscht es nicht interessant oder fast bedrohlich. Da ist was eingesperrt, nur noch Dekoration auf der Fensterbank des Lebens, hin und wieder gegossen, bevor er ganz eingeht.
Aber der Heilige Geist ist keine Zimmerlinde, kraftvoll ist er, ungezähmt, immer jung, immer neu und in Bewegung.
Wie die Pfingstrede des Petrus, des Fischers, im Trubel der Menschenmenge und alle konnten ihn verstehen, sogar die, die eine andere Sprachegesprochen haben: Vielfalt trennt die Menschen nicht und schon gar nicht in den entscheidenden Dingen des Lebens und der Welt.
Trotz aller Unterschiede, sind sie miteinander verbunden. Sie verstehen sich ohne Worte, aus dem Herzen heraus, weil sie alle Menschen sind. Ach, wenn das doch heute auch so wäre, wenn doch heute ein solches Pfingsten wäre!
Bsp: Beratung Syrer...
Und doch, dieses Pfingsten ist ein Fest der V i e l f a l t. Pfingsten ist die Neugier darauf, zu verstehen, was den anderen bewegt und beseelt, aber auch, was ihn verletzt und bedrückt. Miteinander reden, aufeinander hören, einander wahrnehmen.
Der Geist sperrt nicht ein, sondern lässt Raum, dem anderen, mir selbst, den Raum anders zu sein.
Pfingsten nimmt uns die Angst voreinander, aus der alle Gewalt kommt, alle Bosheit.
Pfingsten sagt, du sollst keine Zimmerlinde sein, sondern: „Wie ein Baum, einzeln, frei – wie ein Wald – geschwisterlich sollst du sein!"
Warum nur müssen sich immer wieder Menschen verstecken, damals in Jerusalem die Jünger aus Angst vor den Juden. Ein sicher auch späteren Christengemeinden bekanntes Lebensgefühl der Ausgrenzung, Verfolgung seitens ihrer Mitbürger. Später vertauschten sich die Rollen, wo oft genug Juden, aus Furcht vor den Christen, die Türen verschlossen halten mussten. Und heute sind es beide, Juden und auch in in unserem Land, die Angst haben und haben müssen und Christen , und andere Religionsgruppen weltweit.
Jesus stellt sich in die Mitte und spricht den Friedensgruß, er gibt sich zu erkennen und es ist der Auferstandene, der Lebendige. ER ist die Mitte, ER, der mit Heiligem Geist taufen wird, damals und heute.
Und nicht eine auf sich selbst bezogene Gruppe, eine politische Macht, keine moralische Instanz, es ist der Herr.
Und ihm gelingt es, sie in Gang zu bekommen, auch aufzustehen und etwas zu tun. Sein Werk weiterzuführen. Überall zu verkünden: Ich lebe, und auch Ihr werdet leben.
Pfingsten – kein Blick in die Vergangenheit, kein Blick zurück, weil mal alles besser war. War es das ? Und was heißt schon besser? Ein Blick voraus, ziemlich kühn und gewagt:
So soll es sein, wenn wir Gott Raum geben für einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt.
So soll es sein und erfahrbar soll es sein, jetzt schon, in unseren Gottesdiensten, in unserem Alltag, weltweit, in jeder und jedem von uns.
So wird es sein, das ist gelebte und erfahrene Hoffnung.
Am Ende des Gottesdienstes – und wenn es noch so schön, berührend angenehm hier war, wird Jeremias oder Pius uns damit nach draußen schicken: "Geht und verkündet das Evangelium, den Frieden dieses österlichen Jesus!"
Pfingsten – das soll es sein, das will es bewirken, unsere Hoffnung und unseren Einsatz für eine menschlichere Welt stärken. Jetzt.
Vielleicht hätte ich doch nur Oliver Welke lassen sollen...
Anfang des Jahres 1447 liegt Schwester Maria Rita im Augustinerinnenkloster von Cascia im Sterben. Der Winter hat sich aus dem Städtchen im Umbrischen Bergland noch nicht vertreiben lassen. Es ist kalt in der Welt. Nicht nur den Temperaturen nach. Rita lässt nach Bona schicken, mit der sie seit Kindertagen eine enge Freundschaft verbindet, die beide immer gepflegt haben.
Cascia war Mitte des 15. Jhd. Stadtrepublik. Wie vielerorts in Mittel- und Oberitalien standen dort Guelfen gegen Ghibellinen, die kaiserliche Partei gegen die päpstliche. Es wurden blutige Fehden ausgetragen, bei denen es – wie immer – um Geld, Macht und Einfluss ging. Eine gefährliche, kalte Zeit...
Auf dem Sterbelager wird Rita über ihr Leben resümiert haben. Sie dachte wohl auch an manches, das vor ihrer Erinnerung lag und ihr erzählt wurde: An ihre Eltern, diese klugen wie kreuzbraven Leute aus dem Dorf Roccaporena, das in einem schattigen Talschluss liegt. Ihnen, Antonio und Amata Lotti, hatte man das Amt der Friedensrichter anvertraut, und man muss annehmen, dass sie damals alle Hände voll zu tun hatten in der Republik Cascia.
Die Sehnsucht nach einem eigenen Kind blieb lange unerfüllt. Jahre langen Hoffens und Betens vergehen, bis den Lottis endlich ein kleines Mädchen geschenkt wurde: Zärtlich nennen sie es „Margarita“, „Perle“, strahlend schön wie die Margariten-Blume. Unter der Kurzform ihres Namens ist uns das Kind von damals bis heute bekannt. Die Fürsprache soll den Himmel endlich zur Einsicht gebracht haben; diese Drei blieben für Rita die wichtigsten Patrone auf dem Lebensweg.
Von ihren Eltern lernt Rita, was dem Frieden dient, denn das Amt des Friedensrichters forderte oft denEinsatz der ganzen Familie. Diese Friedenssehnsucht wurzelt in Rita sehr tief. Sie pflegte sie weiter auch in ihrer eigenen Familie.
Als ihr Ehemann Paolo di Ferdinando di Mancino einem Mordkomplott zum Opfer fällt, hat sie möglicherweise die Identität der Mörder vom Sterbenden erfahren – oder sie sogar selber noch gesehen. Doch sie gibt die Namen nicht preis, weil sie weiß, dass in ihren Tagen Rache und Vergeltung das Regiment führen, viel zu selten Verzeihung und Versöhnung. Zum Schmerz über den Tod ihres geliebten Ehemannes kommt die Sorge, ihre beiden (fast erwachsenen) Söhne könnten sich zur Blutfehde verführen lassen – ja, schlimmstenfalls selbst zu Mördern werden.
Aber noch einmal kommt alles ganz anders. Als wäre nicht schon genug Leid geschehen, verliert Rita das Haus, das sie mit ihren Liebsten bewohnt hatte, an die Familie ihres ermordeten Mannes. Sie muss also ausweichen in das kleine Häuschen, das sie von ihren längst verstorbenen Eltern ererbt hatte. Kurz danach rafft wahrscheinlich die Pest ihre beiden Söhne dahin. Man mag sich den Schmerz Ritas kaum vorstellen...
Als die Witwe Rita Mancini um Aufnahme im Kloster der Augustinerinnen von Cascia bittet, ist man dort alles andere als erfreut. Die Schwestern haben Sorge, dass mit Rita auch die Blutfehde ins Kloster kommt. Nein, die Bedingungen der Äbtissin für ihre Aufnahme sind nicht zu erfüllen! Aber Rita vertraut auf die Hilfe ihrer heiligen Patrone Johannes, Augustinus und Nikolaus. Sie geht mutig ans Werk.
Tatsächlich kann sie den großen Friedensschluss zwischen Cascias verfeindeten Familien vermitteln. Das große Fresko, das von diesem Frieden in San Francesco kündete, wurde längst abgeschlagen und durch ein anderes Bild ersetzt. Aber in der Ecke links unten sieht man bis heute gut erhalten das Portrait der Witwe Rita Mancini. Nein, Rita war weit mehr als bloß eine Randfigur!
So konnten die Augustinerinnen 1407 ohne Furcht Rita in ihre Reihen aufnehmen. Sie selbst aber hat es ihren Patronen Nikolaus von Tolentino, Johannes des Täufers und Augustinus zugeschrieben, dass ihr die Klosterpforten geöffnet wurden.
Dass Rita ihren Halt im Glauben fand, ist bekannt. Bemerkenswert bleibt aber, dass sie in all dem bitteren Leid, das ihr widerfahren ist, alles andere als ein bitterer Mensch wurde. Anders als viele Menschen ihrer Zeit, die Gott strafenden Tyrannen sahen, der jederzeit dreinschlagen konnte.
Rita ist anders geprägt. Ihre spirituelle Heimat ist die „Gute-Jesus-Bewegung“, die unter anderem von ihrem Landsmann, dem Augustinerheiligen Simon Fidati von Cascia schon etwa drei Generationen früher geprägt wurde. „Der arme, demütige Jesus“, der uns die Freundschaft mit Gott anbietet, prägte diese Spiritualität.
Mit seinem Ordensvater Augustinus hatte Simon von Cascia gesagt: Meine Liebe ist meine Schwerkraft; ich werde durch sie getragen, wohin ich immer getragen werde. (conf. 13.10)
Mich von Gott getragen wissen, das hatte Simon Fidati entdeckt. Das spürte auch Rita. Sie fand zu einem Glauben, wo es nicht wichtig war, das eine oder andere für wahr zuhalten; ihr Glaube gewann Konturen, weil sie erfuhr, dass Gott, der die Liebe ist, ihre Schwerkraft wurde; sie spürte die Hand, die sie hielt.
In Ritas Klosterzelle sei das Bild des Christus am Karsamstag zu sehen gewesen, so eine alte Quelle. Der tote HERR steht im Grab. Noch zeichnen ihn Kreuzigung und Tod. Aber er hat sich schon erhoben, um die Auferstehung für uns zu erringen. Jesus weicht dem Leid nicht aus, sondern teilt es mit uns. Der Menschen- und Gottessohn, bleibt solidarisch bei uns. Rita findet in IHM ihren Freund, der durch Leiden und Tod zur Auferstehung führt, zum ewigen Leben. – Am ersten Sarkophag, in den man die tote Rita legt, ist dieser Christus des Karsamstags ebenfalls zu sehen.
Daraus kommt auch ihre Bereitschaft, Leiden anzunehmen. Wir beten ja häufig darum, dass Christus das Leid von uns nehmen möge. Rita kann ihr Leiden annehmen, weil sie erfährt, dass der HERR bei den Seinen bleibt, dass er uns nie verlässt. Immer wieder kniet sie vor dem Kruzifix im Kloster von Cascia. Hier gibt Jesus ihr Anteil an seiner Dornenkrone durch die Stirnwunde. Rita lebt ganz verbunden mit dem leidenden Christus am Kreuz – und durch ihn mit allen Menschen ihrer Stadt. Die Schwestern kümmerten sich damals um die Armen und Bedrängten Cascias. Strenge Klausur verordnete man ihnen erst infolge des Trienter Konzils...
Solidarität und Freundschaft prägen das gesamte Leben Ritas. Ihre Freundin Bona kommt zu der Sterbenden. Auch das ist sehr bemerkenswert. In manchen Phasen unserer Ordensgeschichte waren „Partikularfreundschaften“ verpönt, ja verdächtig. Was völlig gegen unseren Ordensvater Augustinus steht. Der war geprägt vom antiken, in der Christusnachfolge geläuterten Freundschaftsideal. Wer sich auf andere einlässt, wer Leben mit anderen Menschen teilt, der kann in ihnen die Stimme Gottes und seine Zärtlichkeit erfahren. Er (oder sie) merkt aber auch, wie sehr er auf dem Weg Gottes ist – oder sich das nur einbildet. Erst in der Gemeinschaft mit anderen wird unsere Spiritualität geerdet und reift. Denken kann man viel. Ob es stimmt, was wir uns zurechtlegen, das muss sich im Alltag erweisen und in der Auseinandersetzung mit anderen, die mir hoffentlich freundschaftlich begegnen.
Augustinus wirbt für ein Leben in Gemeinschaft, in der man sich ganz und möglichst freundschaftlich aufeinander einlässt. „Stellt das Gemeinsame über das Eigene“, sagt Augustinus in der Klosterregel.
Ich halte das für ein hochaktuelles Thema. Mithilfe der sozialen Netzwerke kann man heute ja viele „Freunde“ sammeln. Aber ob die wirklich diesen Namen verdienen? Freundschaft ist deutlich mehr als nur ein Kontakt. Freundschaft ist in gewisser Weise zweckfrei: Ich gebe mich ganz hinein in die Freundschaft, die von Geben und Nehmen geprägt ist, aber nicht deswegen zustande kommt. Ich schließe mit einem Menschen Freundschaft nicht, weil sie mir nützt. Aber ich könnte ihren Nutzen doch nie bezahlen.
Als Bona ein Weilchen bei ihrer alten Freundin aus Kindertagen gesessen ist, bittet die Sterbende: „Bona, geh doch bitte in meinen Garten nach Roccaporena und hole mir von dort eine Rose!“
Würde es sich hier um zwei Frauen handeln, die halt irgendwie in Kontakt miteinander gekommen sind, müsste Bona nun darauf hinweisen, dass das Jahr zu jung sei und der Winter noch im Tal sitze. Aber die beiden sind Freundinnen. Also murmelt Bona, sie wolle mal sehen, was sich machen lässt.
Wenn wir Freundschaft wagen, wird das Unmögliche möglich. Noch am gleichen Tag kommt Bona mit einer blühenden Rose ins Kloster geeilt und gibt sie der sterbenden Rita – die selber war wie die blühende Rose im kalten Winter; die aus der Liebe des leidenden und auferstandenen HERRN gelebt hat und dadurch ihr eigenes Leiden tragen lernte: als Tochter, Ehefrau, Mutter, Witwe und Klosterfrau; die den mit uns Menschen solidarischen Gott verkündete, indem sie selber nicht davon lief und vielmehr solidarisch lebte mit den Notleidenden; die ihre Freundschaft mit Bona bis zur Bahre treu pflegte, weil wir Menschen mehr brauchen als ein paar nützliche Kontakte.
Wo wir dem HERRN folgen wie die hl. Rita, da wird auch für uns manche Rose duften. Und wer weiß: Vielleicht ist für manchen auch die Freundschaft mit dir wie eine herrlich duftende Rose.
Amen.
+ Jesus Christus, der der auferstandene und erhöhte HERR, sei mit euch!
In der Zeit zwischen Himmelfahrt und Pfingsten beten wir um das Kommen des Heiligen Geistes. Mit diesem Heiligen Geist verbinden wir kühne Träume: Wir bitten darum, dass er das Antlitz der Erde erneuern möge. Aber Vorsicht: Gottes Geist fängt damit an der wichtigsten Stelle an: beim Menschen, bei uns selbst! Das ist uns verheißen. – Wollen wir das?
Der Heilige Geist kommt auf Menschen herab. In uns möge er bewirken, was heute dem Leben dient. Er selbst rühre unsere Hände, damit wir als Seine Mitarbeiter des Angesicht der Erde in unserer Zeit erneuern.
Oft aber geben wir uns als Besserwisser: Als wüssten wir besser als Gott, was diese Erde braucht, was unsere Kirchen brauchen und Gemeinden brauchen. Fürchten wir insgeheim, dass Gottes Geist neue Wege führen könnte, die unseren Vorstellungen so gar nicht entsprechen?
Sperren wir den Geist nicht ein! Töten wir Gottes Geist nicht in uns. Vertrauen wir uns IHM an. Er wird uns führen und leiten durch das Wort des Lebens! Geben wir dem Geist des HERRN bei uns selbst eine Chance.
„Vater, ich habe deinen Namen den Menschen offenbart“ (Joh17, 6a). So beginnt der Abschnitt, den wir heute als Evangelium gehört haben. Wir werden hineingenommen in das Gebet Jesu. Das ist höchst selten. Zwar sagen die Evangelisten übereinstimmend, dass Jesus viel gebetet hat. Aber über den Inhalt seines Gebetes erfahren wir relativ wenig.
Die große Ausnahme ist das lange Gebet in Joh 14-17. Seit dem 16. Jahrhundert hat sich dafür der Begriff „Hohepriesterliches Gebet“ ausgeprägt. Jesus deutet seinen Opfertod an, wenn er sagt, dass er sich „heiligt“ für die Seinen, „damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind“(Joh 17,19). Aber das scheint nicht der Schwerpunkt seines Gebetes zu sein.
„Vater, ich habe deinen Namen den Menschen offenbart“. Das ist die knappste Zusammenfassung der Sendung Jesu. Vielleicht klingt das in unseren Ohren erst mal banal, denn Goethes Wort im Ohr, der „Name ist nur Schall und Rauch“ (vgl. Faust I,V. 3457) unterschätzen wir leicht, worum es biblisch tatsächlich geht.
Denn für die Heilige Schrift gilt genau das Gegenteil. Der Name bezeichnet das tiefste Wesen. Die jüdische Glaubensgeschichte beginnt denn auch mit der Offenbarung des Namens Gottes am brennenden Dornbusch. Gott stellt sich selbst vor als der, der „da ist und immer da sein wird“ (vgl Ex3,14).
Wer also den Namen kennt, weiß um das Wesen Gottes. Jesu Verkündigung hat in unübertroffener und nicht zu übertreffender Weise Gottes Namen in diese Welt gestellt: IHN uns offenbart. Das geschah nicht wortreich; denn er selbst ist das Wort, das Mensch geworden ist. An Jesus Christus und in der Beziehung mit ihm entscheidet sich, ob Gottes Offenbarung bei uns ankommt. Denn „Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes“ (Kol 1,15).
Jesu Wirken für die Menschen, seine völlige Pro-Existenz, sein Leben für uns, seine Passion für die Menschen sind Gottes Offenbarung. Doch hat Jesu nicht nur gehandelt. Er hat gelitten und sich für Gott verausgabt bis zum Tod am Kreuz: In seiner völligen Passivität im Leiden, das er angenommen hat mit den Worten „Vater, […] nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe“ (Lk 22,42). Sein Kreuz wurde zum Magna Charta der Gottesoffenbarung, ausgefertigt mit seinem Blut (vgl 2 Kor 3,3). Das letzte aber ist – Gott sei Dank – nicht der Tod Jesu, sondern sein Sieg: Gott hat ihn auferweckt von den Toten. – Das alles klingt an in Jesu Wort: „Vater, ich habe deinen Namen den Menschen offenbart“
Wie in den meisten Gebeten, die wir an Gott richten, spricht auch Jesus Bitten aus: „Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir!“ (Joh 17, 11b) „Damit sie eins sind“, das ist offenbar DIE Bitte Jesu. Das Zeugnis seiner Jünger in der Welt wird verdunkelt wegen der Zerstrittenheit, die wir bis heute aufrechterhalten; wegen der Risse, an denen wir oft tatsächlich auch persönliche Schuld tragen.
Mit der Enzyklika „Utunum sint“ wollte Papst Johannes Paul II im Mai 1995 die Ökumene an der Schwelle zum 3. Jahrtausend vorantreiben. Er forderte u.a. dazu auf, über die Rolle des Petrusamtes als Dienst an der Einheit zu diskutieren. – Der fünfte der „12 Leitsätze zur Zukunft einer aufgeschlossenen Kirche“1, welche die 12. Synode der EKD Anfang November 2020 verabschiedet hat, bekennt sich zur Stärkung der Ökumene und zur gegenseitigenStellvertretung kirchlicher Arbeit vor Ort. – Und auch der dritte Ökumenische Kirchentag jetzt in Frankfurt (oder mehr noch digital) setzt Zeichen der Hoffnung, dass am Ziel der Einheit festgehalten wird.
Wir können es uns nicht aussuchen, ob wir Ökumene wollen oder nicht. Sie ist und bleibt der beständige Auftrag Jesu Christi. Wenn wir in seinen Spuren unterwegs sein wollen, können wir nicht nach Gusto weglassen, was uns gerade – aus welchen Gründen auch immer – nicht in den Kram passt. ER, Christus, ist die Mitte. Ihm hat all unser Tun und Trachten zu dienen.
Aber auch das muss gesagt werden: Längst ist nicht wirklich Ökumene drin, wo sie groß draufsteht. Ökumene ist gemeinsames Hören auf Christus. Er ist die Mitte. An ihm gilt es immer wieder Maß zu nehmen. Ökumene ist damit nichts, was man verordnen oder planen kann, was in Gremien entschieden oder verhindert wird. Der Geist Gottes lässt sich nicht einsperren. Er bricht sich Bahn, wo Menschen sich um Christus versammeln und sich von seinem Geist führen lassen, Laien wie Amtsträger. Christus muss bestimmen, nicht wir! IHM allein gebührt Ehre und Macht! Lieber möchte ich das Wort Ökumene weglassen und auf Christus hören. Er soll mich und uns, alles, was unser Leben als Gemeinde ausmacht, prägen.
Es wird kaum möglich sein, genau zu definieren, wer auf Christus hört und wer nicht. Aber es gibt einige Kriterien, die Christus selbst nennt: „...damit sie meine Freude in Fülle in sich haben“ (V. 13c), sagt Jesus. Wo Gott ist, da ist Freude. Wer nur im Streit verharrt, der kann die Freude des Glaubens nicht leben. Es macht aber Freude, sich um Christus zu versammeln und ihn als Mitte zu wissen. Wo Gott ist, da ist Freude.
Ferner – und nun klingt ein Gegensatz an: „Die Welt hat sie (die Jünger) gehasst, weil sie nicht von der Welt sind“ (V. 14 und 16). Christen sind in dieser Welt und sie mischen sich ein. Doch niemals dürfen sie „von dieser Welt“ sein! Christen haben „Sauerteig“ zu sein, der die Welt, in der sie leben, veredelt. Nicht umgekehrt! Den „Sauerteig der Pharisäer“ (Mt 16,6.11 || Mk8,15 || Lk 12,1) gibt es freilich auch... Christen dürfen nicht tun, was alle tun! Bürgerlich angeglichenes Christentum ist Etikettenschwindel!
Weiter: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“ (Mt 7,6). Es geht letzten Endes nicht darum, wer argumentativ obenauf ist, wer das Sagen hat, wessen Kirchenbild sich durchsetzt. Am Ende wird an den Früchten sichtbar, wo Christi Geist wirkt.
Lassen wir uns von Gottes Geist leiten! In den Tagen vor dem Pfingstfest beten wir besonders um die Gaben des Heiligen Geistes: Weisheit, Einsicht, Rat, Erkenntnis, Stärke, Frömmigkeit, und Gottesfurcht. Möge der HERR selbst uns eine Neugeburt seiner Kirche schenken: Als Gemeinschaft derer, die um ihn versammelt sind, die auf ihn hören und in seinem Geist das Antlitz der Erde mitgestalten. Amen.
1https://www.ekd.de/zwoelf-leitsaetze-zur-zukunft-einer-aufgeschlossenen-kirche-60102.htm
Schön zu leben, sage ich,
obwohl vieles dagegen spricht
Ich weiß...,
und wer wüsste nicht..
Schön zu leben, sage ich heute,
obwohl ich gestern anderer Meinung war,
und morgen.
Was soll’s
Schön zu leben,
auf unserem blauen Planeten,
in dieser Gegend,
zu dieser Zeit,
mit diesem umgrenzten Ich.
Schön zu leben
und den unvollkommenen Menschen zu lieben,
dessen Geheimnis zu beweisen ich mich schäme.
Schön zu leben,
weil es Dich gibt,
Nazarener,
und dein Manifest
der Hoffnung, an das ich glaube.
Musik: P. Pius Wegscheid OSA; Zelebrant | Schnitt: Br. Jeremias Kiesl OSA
Fotos: Steffi Krause, Br. Jeremias, freie Fotos -> Regler-Altar, Augustinerkirche zu Tolentino, Hans Süß von Kulmbach (16. Jhd.), ukrainische Ikone, Buchmalerei Westfalen (um 1360) u.a.
"Durch Christus werden wir hinaufgezogen vor Gottes Herz."
So fasst Martin Luther die Botschaft von Himmelfahrt zusammen. Für ihn ist Himmelfahrt ein zentrales Ereignis im christlichen Jahresfestkreis. Mir wollte bisher scheinen, es sei irgendwie nebensächlich. Die Lücke zwischen der Auferstehung an Ostern und der Geburt der Kirche mit der Herabsendung des Heiligen Geistes muss geschlossen werden – das geschieht zu Himmelfahrt.
Aber Luther verweist auf eine ganz zentrale Botschaft: „Durch Christus werden wir hinaufgezogen vor Gottes Herz“: Christus nimmt uns mit. Auch wenn die Jünger zurückbleiben und das Nachsehen haben, wie ihr Meisterin einer Wolke ihren Augen entschwindet.
Martin Luther setzt die christliche Heilsgeschichte in eine heitere Bilderwelt um. Siebeginnt mit dem leeren Himmel zu Weihnachten:
Da gab es einen Mann, der alles dafür tat, in den Himmel zu kommen: „So stieg er mit der Stufenleiter der Vollkommenheit immer höher empor, bis er eines Tages mit seinem Haupte in den Himmel ragte. Aber er war sehr enttäuscht: Der Himmel war dunkel, leer und kalt. Denn Gott lag auf Erden in einer Krippe.“1
Von Anbeginn versuchten Menschen in den Himmel zu gelangen: In der alten Welt stellte man sich den Ort Gottes räumlich über dem Firmament mit den Sternen vor, als einen Raum über dem sichtbaren Himmel. Diese Vorstellung ist überholt, aber wir verwenden ja auch immer Bildsprache, wenn wir von Gott sprechen und versuchen uns damit, seinem Geheimnis zu nähern. So sagen wir, dass der Mensch sich aufrichten muss, seinen Geist emporrichten, um Gott näher zu kommen.
Von Anbeginn wollten Menschen lieber selbst Gott sein, statt Gott Gott sein zu lassen. Deshalb bauten sie den Turm zu Babel. Heute versuchen Menschen auf alle erdenkliche Weise den Himmel zu stürmen, bis zur völligen Erschöpfung die Karriereleiter emporzuklimmen, ihre Bedeutung himmelhoch aufzublähen, möglichst viele Andere unter sich zu haben, um sie zu beherrschen. Doch je höher sie gelangen, um so dünner wird die Luft und schließlich landen sie in der Leere, im Nichts.
Denn: Der Himmel ist leer. Gott begab sich nach ganz unten, mit der Passion und seinem Sterben noch mehr in die Tiefe. Wir sprechen im Glaubensbekenntnis: Er ist hinabgestiegen in das Reich des Todes. Egal, wie tief ein Mensch fällt: Gott ist immer noch unter ihm.
Manche von Ihnen kennen die Darstellungen der Höllenfahrt Jesu in den Bildern der Orthodoxen Kirche: Der Gekreuzigte steigt in die Tiefe, um Adam und Eva, und damit alle Menschen aus der Finsternis hinauf in die Höhe zu reißen.
Zu Himmelfahrt kehrt Christus zu Gott zurück. Jetzt ist der Himmel nicht mehr leer. Mit Christus ist der Mensch in den Himmel aufgenommen
Luther2nimmt unsere Geschichte ganz wörtlich:
„Da ist einmal das Wunderwerk zu bedenken, daß der Herr in so wunderbarer Weise von seinen Jüngern in die Höhe auffährt, wie ein Vogel, und verschwindet in den Lüften, das ist, er fährt so hoch, daß seine Jünger ihn nicht mehr sehen können. Denn in den Lüftenfahren ist den Menschen ein ungewöhnliches, ja, unmögliches Ding. Der Leib eines Menschen hat von Natur die Art, wie ein Stein oder ein anderes schweres Ding.“
Als ich das zum ersten Mal las, dachte ich: Nun ja, Luther war eben noch wundergläubiger als wir heute. Damals glaubte man noch an eine leibliche Auferstehung – Was aber, wenn uns die Himmelfahrts-Geschichte gerade das am allerwenigsten Denk- und Vorstellbare vor Augen führt? Dass wir als diejenigen, die wir sind, von unserer Schwere erlöst werden – von unserer leiblichen, unserer Seelen- und Gedankenschwere? Wir leben ja in einer in vielerlei Hinsicht schweren Zeit: auch unsere Krankheiten sind Krankheiten der Schwere: Die Schwermut, die niedergedrückte Seele, unser im wörtlichen und übertragenen Sinne schwere Leib: „Bruder Esel“ nannte ihn Luther, störrisch und leider uns nicht zu Willen; schließlich unsere schweren Gedanken, mit denen wir uns verstricken und verheddern, je mehr wir nach einem Ausweg suchen.
Gestern sprachen wir im Bibelgespräch über die Himmelfahrts-Darstellung auf unserem Regleraltar und trugen einige schöne Ideen dazu zusammen. Ich lade Sie ein, sich nach diesem Gottesdienst die Tafel am Regleraltar genau zu betrachten.
Wir sehen die Jünger mit Maria zu Füßen des davonschwebenden Christus. Wie es Lukas berichtet, segnet Jesus die Seinen, sie knieen und beten ihn an. Wir sehen seine Wundmale. Auf dem Stein unter Jesu Füßen sind seine Fußabdrücke tief eingeprägt. Auch Jesus hatte Erdenschwere, er hinterließ Spuren, er war Mensch wie wir. Lutherbeschreibt das ganz naturalistisch:
„Nun hat aber Christus nach seiner Auferstehung einen rechten Leib, der Fleisch und Bein hat, …. und sich greifen läßt; und dennoch ist es ein solcher Leib, der …in die Höhe kann. …: Den hindert der Stein am Grabe nicht; die verschlossene Tür auch nicht, er wischt in einem Augenblick hindurch, daß wir nicht wissen können, wie er dahindurch kommt.“
Zwei Blickrichtungen werden uns gewiesen: Mit Christus hinauf zu Gott –und dann doch zurück, zu seinen Fußabdrücken, den greifbaren Spuren seines Wirkens. Sie erteilen uns einen Auftrag.
Im1. Petrusbrief wird auf die Fußabdrücke verwiesen, als Mahnung an uns, in der Nachfolge Jesu zu bleiben: „Denn dazu seid ihr berufen, da auch Christus gelitten hat für euch und euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußstapfen“ (1 Petr 2,21 - vestigia Christi sequi - so lautet der bischöfliche Wahlsprich unseres Bischofs em. Joachim Wanke).
Himmelfahrt ist also nicht einfach nur eine Wundergeschichte. Sie beschreibt den Abschied für diejenigen, die bis dahin ihren Meister in unmittelbarer Nähe wussten – auch in den 40 Tagen nach Christi Auferstehung.
Jesus hatte sie vorbereitet auf eine Zeit ohne seine sichtbare und fühlbare Gegenwart. Davor saßen sie ein letztes Mal zusammen. Letzte Fragen kamen auf:
„Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel? Er antwortete: Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat; aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird“ (Apg 1,6-8a).
Was wäre denn, wenn wir Zeit und Stunde wüssten? Wir würden aufhören, Wartende zu sein. Wir würden unserer Sehnsucht keine Gestalt mehr geben und abstumpfen. In der Ungewissheit bleiben wir wach. Die Vaterunser-Bitte „Dein Reich komme“ gibt unserem Leben eine Richtung.
Die Jüngerinnen und Jünger müssen erwachsen werden und sich ihres Meisters würdig erweisen. Sie sollen die gute Botschaft ausbreiten und das Reich Gottes verkünden bis an die Enden der Welt. Sie werden zu Zeugen berufen, zu Martyres: Zeugenschaft würde nicht leicht werden, den Einsatz ihres Lebens fordern. Jesus gibt ihnen alle Wegzehrung dafür: „Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber sollt mit dem Heiligen Geist getauft werden.“ „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen.“
Und schließlich sind da noch die zwei Männer in weißen Gewändern, die den Hinterherschauenden sagen: „Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.“
Über dem Auftrag steht also eine Verheißung.
Konkret wird er in den paulinischen Briefen, wo sich der Apostel auf die Himmelfahrt bezieht. Paulus ist Berufungsberater. Es gibt nur einen Weg, sich der Berufung durch Christus würdig zu erweisen, der beruht auf dem Willen zum Frieden und dem Verzicht darauf, mit anderen in Konkurrenz um die gelungensten Höhenflüge zu treten. Als Berufungsberater lehrt uns Paulus, dass anscheinende Schwächen wie Demut und Nachgiebigkeit in Wirklichkeit Stärken sind, die unserem Glauben Ausdauer und Kraft verleihen.
So schreibt er an die Gemeinde in Ephesus: „Ich ermahne euch, …dass ihr der Berufung würdig lebt, in aller Demut und Sanftmut, in Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe und seid darauf bedacht, die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens zu wahren: … damit wir nicht mehr unmündig seien und uns von jedem Wind einer Lehre bewegen und umhertreiben lassen durch das trügerische Würfeln der Menschen, mit dem sie uns arglistig verführen“ (vgl. Eph 4,1-14). Das sind tröstliche und mahnende Worte.
"Durch Christus werden wir hinaufgezogen vor Gottes Herz." Wir bekennen es in jeder Eucharistiefeier: Erhebet Eure Herzen – Wir haben sie beim Herrn.“
Die Fußspuren Christi sind der lebendige Beweis für seine Gegenwart auf Erden. Es sind menschliche Spuren. Damit ist auch unser Glaube geerdet und nicht irgendwo im Wolkenkuckucksheim unterwegs. Wir sind berufen, wie Christus Fußabdrücke auf der Erde zu hinterlassen, seinen Spuren nachzugehen. Und gleichzeitig sollen wir unseren Blick dorthin richten, wo Jesus hingegangen ist und auf uns wartet, und dabei ein wenig von unserer Erdenschwere lassen.
Luther: "Christus will uns immerdar durch sich hinaufziehen, des Vaters Herz und seine Freundlichkeit zeigen, sodass wir uns nicht vor ihm fürchten, sondern fröhlich ansehen und mit aller Zuversicht vor ihn treten."
Amen.
1 Luther (aus dem anderen Advent 2009, 25. 12.)
2 Martin Luther, Predigt über Luk. 24, 50-53, Alle Predigtauszüge aus: https://glaubensstimme.de/doku.php?id=autoren:l:luther:h:luther-luk._24_50-53
Es gibt so bange Zeiten,
Es gibt so trüben Mut,
Wo alles sich von weitem
Gespenstisch zeigen tut.
Es schleichen wilde Schrecken
So ängstlich leise her,
Und tiefe Nächte decken
Die Seele zentnerschwer.
Die sichern Stützen schwanken,
Kein Halt der Zuversicht;
Der Wirbel der Gedanken
Gehorcht dem Willen nicht.
Der Wahnsinn naht und locket
Unwiderstehlich hin.
Der Puls des Lebens stocket,
Und stumpf ist jeder Sinn.
Wer hat das Kreuz erhoben
Zum Schutz für jedes Herz?
Wer wohnt im Himmel droben,
Und hilft in Angst und Schmerz?
Geh zu dem Wunderstamme,
Gib stiller Sehnsucht Raum,
Aus ihm geht eine Flamme
Und zehrt den schweren Traum.
Ein Engel zieht dich wieder
Gerettet auf den Strand,
Und schaust voll Freuden nieder
In das gelobte Land."
(In: Mit einem Engel durchs Jahr, Hrsg.: W. Erk. Radius-Vla, 2011. S 260)